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Siegburg - Logo 27. Februar 2016  
 

Altabt Placidus tot

Siegburg. Altabt Placidus Mittler ist tot. Der Benediktiner und Siegburger Ehrenbürger seit 1987 starb im Alter von 87 Jahren. Die Abtei auf dem Michaelsberg hatte er 30 Jahre lang, von 1970 bis zum Herbst 2000, geleitetet. Schon als Novize hat sich Placidus eigenhändig am Wiederaufbau der Abtei nach dem Krieg beteiligt. "Unvergessen sind sein persönliches Engagement und seine Verdienste um die Sanierung der Abtei, die unter großen Opfern der Ordensgemeinschaft durchgeführt wurde", heißt es in der städtischen Laudatio zu seiner Ehrenbürgerwürde. Stets habe er die sozialen und geistlichen Geschicke der Stadt Siegburg in hervorragender Weise mitgestaltet. 13 Jahre lang hatte sich Placidus auch als Seelsorger der Servatius-Gemeinde engagiert, dann im Herbst 1985 überraschend zurückgezogen und auf das Kloster konzentriert. Damals erklärte er: "Man muss im Hause sein, Präsenz ist wichtig. Viele Außenstehende haben eine falsche Vorstellung vom Klosterleben - das ist auch keine heile Welt. Da gibt es körperliche und seelische Krankheiten, wie anderswo auch". Damals durfte sich Mittler allerdings noch über einen "augenblicklich stärkeren Trend zum Kloster hin" freuen. Die letzten Jahre hatte Mittler nach dem Ende der Glaubensgemeinschaft auf dem Berg 2011 im Haus Zur Mühlen der Alexianer verbracht. Der Altabt wird der letzte Mönch sein, der auf dem Klosterfriedhof neben der ehemaligen Abtei beigesetzt wird. Für den offiziellen Film zum 950- jährigen Stadtjubiläum war der Altabt ein letztes Mal vor laufenden Kameras aufgetreten, hatte im Rosengarten Einblicke in und Rückschau auf sein Leben geworfen - jetzt ein Dokument Siegburger Stadtgeschichte.

 
 

Der Altabt - Sein Leben

Siegburg. Jochen Hildesheim, Jahrzehnte lang Leiter der "Rhein-Sieg-Rundschau", hatte im Jahr des 950. Stadtjubiläums für siegburgaktuell einen Blick zurück auf Menschen, die eine besondere Beziehung zu Siegburg haben, geworfen. Sein Portrait des Altabtes:
Der Ursprung der Stadt Siegburg geht auf die Gründung des Benediktinerklosters Anno 1064 durch den Kölner Erzbischof Anno II. zurück. Stadt und Abtei feiern deshalb das 900jährige Bestehen gemeinsam.
Der 36 Jahre alte Pater Placidus Mittler lebt im Jubiläumsjahr schon 16 Jahre auf dem Michaelsberg. Mit einer "Melodienuntersuchung zu den Dorischen Hymnen der Lateinischen Liturgie im Mittelalter" promoviert er 1964 an der Rheinischen Friedrich-Wilhelm-Universität in Bonn zum Doktor der Philosophie. Musikwissenschaft ist sein Hauptfach an der Uni, Kunstgeschichte und Moraltheologie Nebenfächer.
In das Jahr 1964 fällt auch die Gründerzeit der "Siegburger Studien". Maßgeblich arbeiten Pater Placidus und sein Bruder, Pater Mauritius, daran. Die vielbeachtete neue theologische Schriftenreihe erscheint im Respublica-Verlag Siegburg. In den folgenden 50 Jahren kommen 30 Hefte heraus. Die Dissertation von Pater Placidus, des späteren Klostervorstehers und Pfarrers von St. Servatius Siegburg, wird in der Ausgabe Nr. 2 der "Siegburger Studien" veröffentlicht.
1964 beginnt Placidus an der Musikhochschule Düsseldorf als Dozent für Gregorianische Gesänge. Zehn Jahre bleibt er dabei. In Siegburg gibt der Mönch vom Michaelsberg Religionsunterricht an der Berufsschule und in der Gutenbergschule. Im Seniorenheim St. Joseph der Alexianer, dem Mühlenhof, seinem heutigen Altersruhesitz, und in verschiedenen Pfarrkirchen der Umgebung hält er regelmäßig Gottesdienste.
Der Altabt erinnert sich, dass er im Jubiläumsjahr Besuchergruppen durch das Kloster geführt und auch an Feierlichkeiten in der Stadt teilgenommen hat. Zum Fest des Heiligen Michael am 29. September 1964 schreibt Pater Dr. Placidus Mittler OSB einen Aufsatz unter dem Titel "St. Michael - Fürst des Berges und der Stadt". Die Sieg-Kreis-Rundschau veröffentlicht den Beitrag. Eine Abbildung des Erzengels Michael ziert das Siegburger Stadtwappen. Darauf Bezug nehmend sagt Dr. Mittler: "Es ist erklärlich, dass die Stadt am Berg des heiligen Michael gelegen, sich dieses Zeichen erwählt hat, Symbol ihres Lebens zu sein".
Am Ende des Jubiläumsjahres spielt Pater Placidus für Heinrich und Wilhelmine Lübke in der Abteikirche die Orgel und erfüllt damit dem Bundespräsidenten und seiner Frau bei ihrem offiziellen Besuch in Siegburg einen persönlichen Wunsch. 1970 wählt der Konvent den damals 42jährigen Mönch zum 49. Abt des Benediktinerklosters auf dem Michaelsberg.
30 Jahre, bis zum Jahr 2000, bleibt Dr. Placidus Mittler Klostervorsteher und bis zur Auflösung der Klostergemeinschaft noch ein weiteres Jahrzehnt in "seiner" Abtei. Danach, 2011, findet der heute 86jährige seinen Wohnsitz im "Haus zur Mühlen" - hinter den Wolsbergen und jenseits der A3 in Sichtweite zum Michaelsberg. Von 1972 bis 1985 ist er zugleich Pfarrer von Sankt Servatius Siegburg.
1998 ernennt der Stadtrat den Benediktinerabt Dr. Placidus Mittler wie seinen Vorvorgänger Dr. Ildefons Schulte Strathaus zum Ehrenbürger der Stadt Siegburg.
Am 26. Juli 2014 feierte der Mönch vom Michaelsberg in der Kapelle des Mühlenhofes sein Diamantenes, das 60jährige Priesterjubiläum, auf den Tag genau 60 Jahre nach der Priesterweihe in der Abteikirche. Kreisdechant Axel Werner, Siegburg, und Bruder Domenikus von den Alexianern zelebrieren mit ihm die Heilige Messe. Foto: Placidus Mittler am Tag der Bestätigung seiner Wahl zum Abt.

 
 

Der Abt als Siegburger Ehrenbürger

In seiner Dankansprache zur Verleihung der Ehrenbürgerwürde im Rathaus fand Placidus Mittler seinerzeit bemerkenswerte und heute leider wieder aktuelle Worte:
"Ich hatte Probleme, eine Ehrenbürgerschaft anzunehmen. Ich habe dann die Bitte geäußert, daß man den ganzen Konvent - also alle meine Mitbrüder - einbeziehen möchte. Ich bin schließlich nicht aufgrund meiner Vedienste für die Stadt, sondern mehr aufgrund meiner Stellung als Abt der benediktinischen Gemeinschaft vom Rat zu Ehrenbürger gewählt worden.
Das gute Verhältnis von Stadt und Abtei ist uns allen in Siegburg in die Wiege gelegt. Kurz nach der Gründung der Abtei durch Erzbischof Anno wurde Siegburg 1069 das Markt-, Münz- und Zollrecht zugesprochen und 1180 dem kleinen Dorf am Fuß des Siegberges das Stadtrecht verliehen. Als es zu Beginn dieses Jahrhunderts um eine Wiederbesiedlung der Abteigebäude ging, die Napoleon 1803 säkularisiert hatte, haben sich die Verantwortlichen dieser Stadt für eine Wiederbesiedlung mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Kräften eingesetzt, damit Benediktinermönche wieder nach Siegburg zurückkehren konnten. Das war nicht leicht. Und die Stadt hat dafür sogar große Geldsummen aufgewandt, um den Berg dem preußischen Staat abzukaufen. Ob wir jedoch dieses Geld jemals an due Stadt zurückgezahlt haben, konnte bisher - wohl wegen der Turbulenzen des Kriegsausbruchs 1914 - von den Historikern nicht geklärt werden. Die Sorge der Siegburger und besonders auch des Rates erreichte dann wieder eine neue Welle der Symphatie, als es darum ging, nach dem zweiten Weltkrieg die völlig zerstörte Abtei aus den Ruinen erstehen zu lassen, um aus ihr wieder einen würdigen Ort klösterlichen Lebens für Gebet und Arbeit zu machen.
Als mich der Bürgermeister wegen der Ehrenbürgerschaft anrief, gab ich ihm zur Antwort: Ich könnte damit nicht allzuviel anfangen, weil ich mich doch immer bemüht habe, ein guter Bürger zu sein; das genüge doch wohl. Eine Steigerung von Bürger gibt es eigentlich nicht, wenigstens für einen Menschen meiner Generation, der entscheidende Erlebnisse seiner Kindheit und Jugend in eine rmenschenverachtenden Diktatur durchmachen mußte.
Was mir das bedeutet, Bürger in einer freiheitlichen Gesellschaft zu sein, kann ich mit ein paar wenigen Sätzen aus jugendlichem Erleben darstellen Ich war bereit sals Dreizehnjähriger in einer illegalen Jugendgruppe un Bonn. Wir mußten im Winter 1943 Schlußmachen, weil man uns auf die Spur gekommen war. Und so werden Sie verstehen können, daß ich aus folgendem Grunde nie zu einem totalen Pazifisten werden konnte. Der erste Kampfpanzer, der am Morgen des 19. März 1945 in Oberkassel, meinem Geburtsort einrollte und einige Salven in den Ort hinein abgab, war für mich das Signal der Erlösung von der Diktatur und das Anfangszeichen einer Freiheit, die man nur begreifen kann, wenn man unter dem dauernden psychischen Druck einer Diktatur gelebt hat - und das als junger Mensch. Nach über 50 Jahren einer sich immer freiheitlicher darstellenden Gesellschaft wird man nicht mehr so schnell an der Demokratie irre, auch wenn sie nur ein menschlicher Kompromiß ist, die Gesellschaft aufzubauen und dem Menschen dieser Erdenzeit eine Hilfe fürs Leben zu sein. Gott segne diese Stadt und diese Bürger."

 
 

Der Klosterfriedhof

Der im Alter von 87 Jahren verstorbene Altabt Placidus wird als letzter Benediktiner auf dem Klosterfriedhof beigesetzt. Eine einzige Grabstelle ist dort noch frei. Zuletzt war 2013 der im Alter von 92 Jahren verstorbene Bruder von Placidus, Mauritius Mittler, beigesetzt worden. Der Abteifriedhof liegt am Westhang des Michaelsberges, hinter dichtbewachsenen Bäumen versteckt: Die Friedhofsanlage im ehemaligen Klostergarten ist öffentlichem Zugang entzogen. Über acht Jahrzehnte wurden die Mitglieder der nun aufgelösten Ordensgemeinschaft dort bestattet. Das älteste der in zwei langen Reihe links und rechts eines Sandwegs gelegenen Gräber ist die Ruhestätte von Pater Hermann Renzel, verstorben am 9. Mai 1922. Am Ende der langgezogenen Begräbnisstätte, im Schatten einer Begrenzungsmauer, liegt zur Linken einer großen Christusdarstellung die Ruhestätte von Ildefons Schulte-Strathaus, Abt der Benediktinergemeinschaft von 1935 bis 1967. Wo die Mönche zu anderen Zeiten ihre Toten bestatteten, darüber gibt es nur einzelne Erkenntnisse. Vor rund 30 Jahren wurden am Johannistürmchen in Höhe der Bögen des Wehrganges bei Arbeiten Knochen gefunden, "Mit Sicherheit", so berichtete einst Pater Mauritus, "habe sich an dieser Stelle einmal eine historische Friedhofsanlage befunden." Im 18. Jahrhundert diente auch die Krypta als Begräbnisstätte. Nur Äbte dürften in der Kirche selbst zu letzten Ruhe gebettet worden sein. Neben Krypta und Johannisgarten stellte der äußere Bereich um die Apsis der alten romanischen Kirche bis zum 15. Jahrhundert einen Bestattungsort dar. Auf den Steinsarkophagen entstanden gegen 1410 die Mauern des Hochchores und der Ostpartie der Krypta. 500 Jahre später waren auf dem abschüssigen Boden die Särge ins Rutschen geraten, der Chor konnte 1935 nur durch aufwändige Verankerungen gesichert werden. Im Zuge der Arbeiten stieß man auf die wohl ältesten Grabanlagen. In seinem Buch "Seine viel liebe Stadt" erinnerte sich der mittlerweile verstorbene Pater Gabriel Busch, "persönlich einen großen Korb Knochen zum Klosterfriedhof gebracht" zu haben.

 

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